12.-16. März 2024 – Moskau
… Aber wie hat diese Reise eigentlich begonnen? Ich habe Glück. Mit meiner Buchung Berlin – Istanbul – Moskau liege ich bei einer Gesamtreisedauer von 18 Stunden. Früh um 4:30 Uhr ist noch niemand auf dem BER Schönefeld und der ganze Schnickschnack mit online einchecken und „ein Zeitfenster für den Sicherheitscheck buchen“ absolut unnötig. Schon im Flieger gibt es ein Indiz für die Wichtigkeitsstufe der Deutschen in den Augen der restlichen Welt (eins von vielen, die mir immer wieder überall auffallen): Die Bordkinothek hat kaum deutsch synchronisierte Filme! Naja… in einem Buch würde ich jetzt noch mehr dazu sagen. Sie mögen unsere Autos, ja…
In Moskau komme ich kurz vor 21:00 Uhr an. Da ich in Berlin übernachtet hatte, um verlässlich zu 4:00 Uhr am BER sein zu können, sind die 18h voll aber in Moskau ist es erst kurz vor 19:00 Uhr (1h Zeitverschiebung + 1h Winterzeit, die es dort nicht gibt).
Ich werde abgeholt von Michail, einem großgewachsenen kraftvollen Rentner und Freund der beiden Väter unseres deutsch-russischen Freundschaftsprojektes „Die Augen von Anna“. Michail war in seinem Berufsleben Flugnavigator und hat in Tupolevs und Boeings die ganze Welt bereist. Nur in Australien, erzählt er mir, war er nie…
Da ich auf dem Flughafen Vnukovo gelandet bin, dauert die Fahrt zu meinem Hotel ca 1h. Es liegt im Lefortowski Bezirk, Nähe Metrostation Baumanskaja, also 2 Stationen von Station Kurskaja entfernt, die zu einer der Stationen im Zentrum gehört.
Den Abend brauche ich, um zur Ruhe zu kommen und meinen russischen Freunden zu schreiben, dass ich wirklich da bin. Den deutschen Organisator Uwe Durak und seine Frau Heidrun habe ich im Hotel kurz begrüßt, so dass er mir, bevor er mich in Kenntnis setzte, Gelegenheit hatte, seine ausgewachsene Erkältung anzuheften – wie sich zweieinhalb Tage später herausstellen soll. Wir frühstücken am nächsten Tag zusammen und er ist so liebevoll am Kümmern, dass ich ihm irgendwann sagen muss, dass man mit so einer Erkältung anderen Leuten nicht das Besteck und die Tassen reicht. Aber meine Neurose nutzt nichts mehr…
Tag 1 in Moskau besteht aus Freizeit und ich treffe mich mit Klaus, einem ehemaligen Aufklärungsoffizier der NVA, der seit 20 Jahren in Moskau lebt und im „Friedensbrücke e.V.“ aktiv ist. Wir spazieren durch den sonnigen Wintertag Richtung Metro – in Moskau liegt Schnee – setzen uns dort in ein Kaffee und reden. Klaus ist ein kluger, kommunistisch denkender Mann mit viel Lebenserfahrung. Und er romantisiert nicht. Er sieht die Probleme dort wie hier. Was er berichtet, berichtet er mit einem deutschen Blick und deutschem, wenn auch in der Heimat zu oft gebrochenem, Herzen. Das macht es mir leicht, zu verstehen. Er analysiert, wertet aus, schlussfolgert. Er ist noch immer mit Leib und Seele Aufklärer und er warnt vor der Dummheit deutscher Politik. Vor meiner Reise hatte Frau Baerbock eine „dringende Reisewarnung für Russland“ herausgegeben. Die Begründung war, die deutschen Bürger vor willkürlichen Verhaftungen zu schützen, die nun in Russland Gang und Gäbe seien. Klaus lacht sich kaputt. Und um das mal jetzt schon zu erzählen. Ich habe in den Tagen hier andauernd „Feindberührung“, weil ich die sehr präsente Polizei permanent als Wegweiser benutze und frage, wie ich hier oder dorthin käme. Ich bekomme immer freundliche Antworten, zwei laufen sogar mit mir mit zur nächsten Ecke, weil sie von dort besser zeigen und erklären können. Keinerlei Kontrolle meines Passes, nicht einmal verhaftet, Frau Baerbock!
Als Klaus K. weiter muss, spaziere ich zurück zum Hotel durch den Lefortowski Park und auf einen Sprung in die Apotheke, wo ich immer, wenn ich in Russland bin, so einiges für mich, Freunde und Familie einkaufe, womit in Deutschland so richtig Geld gemacht wird – von Kohletabletten bis Blutdruckpillen…
Am späteren Nachmittag treffe ich mich mit Ljudmila Tatarova-Dschigurda (Schauspielerin) und Sergej Dschigurda (Barde), den beiden ukrainischen Freunden, von denen ich schon in meinen Büchern so viel erzählt habe. Ich hab sie zum Essen eingeladen aber sie bestimmen den Ort. Fortsetzung folgt…